Beim Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind die Verwerfungen im deutsch-türkischen Verhältnis offen zutage getreten. Kurz vor Erdogans Begrüßung am Morgen war bekannt geworden, dass Ankara von Berlin die Auslieferung von 69 Gesuchten fordert. Einer von ihnen ist der regierungskritische Journalist Can Dündar. Erdogan wirft Dündar vor, ein Agent zu sein, der Staatsgeheimnisse ausgeliefert hat. Der Journalist, der seit 2016 in Deutschland im Exil lebt, bezeichnet Erdogans Vorwürfe als „Lügen“.O-Ton Can Dündar, Journalist:„Nochmals zusammengefasst: Zuerst, ich bin kein Agent. Zweitens: Es gibt kein rechtskräftiges Urteil gegen mich. Drittens: Ich bin nicht geflohen aus meinem Land. Viertens: Ich habe keine Staatsgeheimnisse verraten, den die waren keine Geheimnisse.Indirekte Schützenhilfe erhält Dündar von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Merkel spricht während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan von „tiefgreifenden Differenzen“ bei den Themen Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit und mahnt eine rasche Lösung für in der Türkei inhaftierte Deutsche an.Unterdessen demonstrieren im Berliner Zentrum hunderte gegen den Staatsbesuch von Erdogan in Deutschland. Die Proteste richten sich vor allem gegen Menschenrechtsverstöße und die Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei.O-Ton VoxPop:'Ich bin heute hier, um ein Zeichen gegen Erdoganzu setzen, ein Zeichen an die Bundesrepublik, dass es nicht in Ordnung, dass dieser Diktator hier so groß empfangen wird.'Am Morgen war Erdogan von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit militärischen Ehren im Schloss Bellevue empfangen worden. Am Abend findet anlässlich seines Besuchs ein Staatsbankett in Berlin statt.
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