O-Töne 1-5, Walther Tröger, IOC-Ehrenmitglied- 'Mit Rhein-Ruhr, ich bin ganz sicher, dass wir jetzt bessere Chancen hätten als damals.'- 'Die Vorgänge mit München und Hamburg, die waren nicht normal. Das waren Patzer.'- 'Vielleicht war auch bei einigen, die daran mitgearbeitet haben, das Interesse nicht sehr groß.'- 'Wenn es richtig vermarktet wird vorher, dann haben wir auch Chancen.'- 'Ich würde Düsseldorf nehmen. Köln, Düsseldorf, Dortmund kommen alle in Frage.'SID tb jlweitere Informationen:Frankfurt/Main (SID) Walther Trögers Arbeitszimmer sind die 68 Dienstjahre seines Besitzers anzusehen. Der Schreibtisch ist mit Zetteln übersät, der Fußboden aus Platzmangel längst zur Ablagefläche für Bücher, Papierstapel und Kisten geworden. Fast sieben Jahrzehnte als Sportfunktionär lassen sich nur schwer ordnen. Und überall im Büro: die fünf Ringe. Auf Büchern, Briefköpfen, Dokumenten und Tischfähnchen. Die Olympischen Spiele haben Spuren hinterlassen in Trögers Leben - und er in ihnen.Momentan hält ihn sein 90. Geburtstag am Montag auf Trab, vor allem der Empfang des Deutschen Olympischen Sportbundes ihm zu Ehren am Dienstag. Etwa 70 enge Freunde und Weggefährten kommen. 'Jacques Rogge hat leider abgesagt', sagt Tröger. Dem ehemaligen IOC-Präsidenten, den er seinen Freund nennt, geht es gesundheitlich noch wesentlich schlechter als Tröger, der seinen eigenen Zustand schon nur als 'mäßig' bezeichnet. Er könne nur seinen Freund Blacky Fuchsberger zitieren, sagt er: 'Altwerden ist nichts für Feiglinge.'Auf die Idee, ihn einen Feigling zu nennen, ist nie jemand gekommen, das wäre auch absurd gewesen. Tröger habe 'über seine ganze Karriere hinweg werteorientiertes Handeln aktiv gelebt', sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann über 'einen der einflussreichsten deutschen Sportfunktionäre'.Tröger begann seine Karriere im Sport 1951 als Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes, 1961 wurde er Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees. 1989 trat er als IOC-Mitglied die Nachfolge von Berthold Beitz an, schon seit 1983 fungierte er als Sportdirektor des Ringeordens (bis 1990). 2009 hatte er auf der 121. IOC-Session in Kopenhagen ein letztes Mal Stimmrecht, bevor er eines von heute 48 Ehrenmitgliedern wurde - nach 23 Olympischen Spielen als aktiver Funktionär. Das deutsche NOK führte er von 1992 bis zu seiner Abwahl 2002, einer seiner größten Niederlagen, als Präsident an. Noch heute nimmt er als Beobachter, Berater und Kritiker am Sportgeschehen teil, als Funktionär im Unruhestand. 'Wir sehen ihn nach wie vor gerne in unseren Reihen und hören auch weiterhin gerne auf sein Wort', sagt Hörmann. Während der Spiele 1972 in München war Tröger als Bürgermeister des Olympischen Dorfes auch an den Verhandlungen mit den palästinensischen Geiselnehmern der israelischen Mannschaft beteiligt. Die Vorkommnisse, die in einem Blutbad mit 17 Toten endeten, bezeichnet er als die einschneidensten seiner beruflichen Laufbahn.'Ich habe damals funktionieren müssen. Ich bin in eine Rolle gedrängt worden in meiner Funktion als Bürgermeister, die ich mir nicht gewünscht habe', sagte Tröger im SID-Interview wenige Tage vor seinem Geburtstag: 'Meine Einstellung war sehr pragmatisch, ich war eingestellt auf alles Denkbare.'Als Pragmatiker wurde Tröger immer wieder bezeichnet, IOC-Präsident Thomas Bach tut es noch heute - auch in seiner Würdigung zum Neunzigsten: 'Walther Tröger hat sich um das IOC und den deutschen Sport verdient gemacht. Dabei war er geprägt von großem Pragmatismus und Ordnungssinn. Seine Begeisterung für den Sport und seine Hinwendung zu den Athleten haben ihn immer ausgezeichnet', teilte Bach auf SID-Anfrage mit.Auch Trögers Einstellung zu Bach und zum IOC, dem er 26 Jahre lang gedient hat, ist von diesem Pragmatismus geprägt. Emotional betrachtet ist das Verhältnis mittlerweile kühl bis frostig. Er wisse nicht, ob es 'bei der vorherrschenden Stimmung' noch möglich sei, die olympische Bewegung wieder attraktiver zu machen, sagt Tröger: 'Ich kann mich in den Stil, wie im IOC gearbeitet wird, nicht mehr hineindenken.'Bach wirft er vor, als DOSB-Präsident (2006 bis 2013) den deutschen Sport aus Eigennutz vernachlässigt zu haben, das sagt er heute deutlicher denn je. 'Der deutsche Sport ist in den rund zehn Jahren nach meiner Abwahl (als NOK-Präsident 2002, d. Red.) verkommen', sagt Tröger. Die Zeit als DOSB-Präsident hätten Bach 'nur als Sprungbrett für seine Karriere' genutzt.Doch geht es nach Tröger, sind auch Bach und das IOC ohnehin nur Spielbälle in einer Welt, die ihm mehr und mehr Sorgen bereitet. 'Die Gesellschaft ist in Gefahr, und die olympische Bewegung ist Teil der Gesellschaft', sagt er und fügt, ganz der große Pragmatiker, hinzu: 'Der Sport kann nicht viel besser sein als die Welt, in der er lebt.'
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