O-Töne 1-7, Hans-Günter Becker, ehem. Kapitän Tasmania Berlin- Strophe Tasmania-Lied: 'Sollte ich weilen einst in weiter, weiter Welt. Wo meine Treue zu Tasmania ewig hält.'- 'Meine Familie und ich waren wie jedes Jahr im Urlaub, an der Ostsee, in Scharbeutz. Ich habe mich mit einem Hamburger Fußball-Kenner angefreundet. Wir haben Boccia gespielt. Am nächsten Tag komme ich am Vormittag zum Strand, da kommt er ganz aufgeregt auf mich zu und sagt: 'Du bist ja immer noch hier. Du musst doch nach Berlin. Ihr seid in die Bundesliga aufgestiegen!''- 'Ich habe mich sofort mit dem Verein in Verbindung gesetzt. Ich sollte sofort zurückkommen. Es ging alles Hals über Kopf. 14 Tage später sollte die Bundesliga beginnen.'- 'Die Spieler wurden unterrichtet, dass sie ihre Arbeitsstellen kündigen sollen. Es hieß: 'Ihr verdient genug in der Bundesliga, ihr seid Vollprofis!''- 'Man konnte sehen und erwarten, dass das ein Himmelfahrtskommando war.'- 'Es war sehr schwer, aber unser typischer Berliner Humor hat sicher dazu beigetragen, dass wir nicht in Resignation verfallen sind.'- 'Wir waren in der höchsten deutschen Spielklasse. Gesprochen wurde über Tasmania immer, das wird es bis zum heutigen Tag.'SID mp tkweitere Informationen:Berlin (SID) Vielleicht muss Schalke 04 für ein Ende der sportlichen Krise einfach nur auf Hans-Günter Becker hören. 'Atze' nennt man ihn hier in Berlin-Neukölln, und 'Atze' weiß Bescheid. 'Wenn sie nur Einsatzwillen, Kampfgeist sowie mannschaftliche Geschlossenheit zeigen und das wirkliche Kerle sind', sagt der 82-Jährige im SID-Interview, 'dann glaube ich, dass sie erstmal da unten rauskommen und dass der Rekord bei uns verbleibt.''Atze', also Hans-Günter Becker, ist nicht irgendein Rentner und hält nicht irgendeinen Rekord. Er war Kapitän der legendären Mannschaft von Tasmania Berlin, dem schlechtesten Team der Bundesliga-Geschichte. 31 Spiele blieb Tasmania in der Saison 1965/66 ohne Sieg. Die in dieser Liste zweitplatzierten Schalker stehen vor dem Gastspiel beim FC Augsburg am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) bei 26.Becker ist das drückende Gefühl des anhaltenden sportlichen Misserfolgs somit bestens bekannt. Die Erinnerungen an diese zehn verrückten und unvergesslichen Monate vor 55 Jahren sind dennoch durchweg positiv.Im Tasmania-Vereinsheim hängt ein eingerahmtes Trikot aus dem Bundesliga-Jahr neben der Theke, weißer Grund, himmelblauer Kragen. In jedem Retro-Shop wäre es ein Verkaufsschlager. Beckers Augen leuchten, als sie es erblicken. 'Das war unsere Kämpferbluse', sagt er.Gekämpft haben sie immer, das zu betonen, ist Becker wichtig. Meist verloren sie trotzdem. Die Qualität der Spieler, die teils 'nicht mal Vertragsligaformat hatten', war zu gering: 'Man konnte sehen und erwarten, dass das ein Himmelfahrtskommando war.'Tasmania war nach dem Ausschluss von Hertha BSC unverhofft in die Bundesliga aufgestiegen. Becker denkt gern an diese heißen Tage im Sommer 1965 zurück. An den Familienurlaub an der Ostsee, der drei Wochen dauern sollte und nach rund einer Woche abrupt endete. Auch die Verhandlungen mit der Klubführung sind noch präsent. Tasmania wollte höhere Prämien, Becker bestand als Kapitän auf den Höchstsatz des Grundgehalts und geringere Bonuszahlungen.Eine kluge Entscheidung, auch wenn seine Teamkollegen das anfangs gar nicht so sahen. Das erste Heimspiel gegen den Karlsruher SC gewann Tasmania vor über 80.000 Zuschauern im Olympiastadion überraschend 2:0. 'Sie können sich vorstellen, wie die Mannschaft nach dem Spiel reagiert hat. Spätestens nach einem Drittel der Spielzeit sind sie mir dann aber beinahe um den Hals gefallen', sagt Becker.Über ein halbes Jahrhundert ist das her. Becker hat sich blendend gehalten. Der Schnauzer ist akkurat getrimmt, Körper und Geist sind fit, noch mit 70 spielte er Alt-Herren-Fußball. Becker blättert gern in seinem dicken Buch über Tasmanias Bundesliga-Abenteuer, darin liegt eine mit Andenken gespickte Klarsichtfolie. Auf einem der Zettel steht ein altes Tasmania-Lied, 'kennt kaum noch einer', sagt Becker und beginnt zu lesen. 'Wo Tasmania kreiselt, dass der Beifall rauscht, da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus', heißt es dort. Mit seiner Berliner Schnauze klingt es auch ohne die Melodie wie Musik. 'Spring' und tanz' du brauner Lederball, führ' zum Sieg uns stets und überall', und weiter: 'Wo man in drei Zügen trinkt die Molle aus, da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus.' Becker lächelt: 'Jut, wa!'Dann findet Becker ein Foto, schwarz-weiß natürlich, aufgenommen kurz nach dem Aufstiegs-Entscheid. 'Im Vereinslokal stoßen wir mit 'nem Glas Sekt an, da begann alles. Da hatten wir noch kein Gegentor', sagt Becker.Am Ende der Saison 1965/66 hatte Tasmania 108 Gegentore kassiert. Gefahr, auch diesen Bundesliga-Negativrekord zu knacken, läuft Schalke 04 immerhin noch nicht.SID re ma
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